
Wednesday Jun 18, 2025
Einführung in den Römerbrief
Einführung in den Römerbrief
Es gibt kein anderes Buch der Bibel, das solche gewaltigen Bewegungen in der Kir-chengeschichte ausgelöst hat wie der Römerbrief.
Martin Luther (1483-1546) erlebte durch den Römerbrief eine Lebenswende. Bei seiner verzweifelten Suche nach einem gerechten, gnädigen Gott fand er die Antwort in Röm 1,17 und das war der Beginn der Reformation.
Der Kirchenvater Augustinus (354-430 n.Chr.) wurde durch das Lesen von Röm 13,13-14 ein anderer Mensch. Seine Schriften prägten über tausend Jahre lang die europäische Kultur und er gehört heute zu den größten Denkern der Kirche.
o Chrysostomos (349 / 344 – 407) las den Brief jede Woche einmal durch.
Calvin (1509 – 1564): „Er öffnet die Tür zu allen Schätzen der Heiligen Schrift.“
Der Römerbrief führte in der Nacht des 24. Mai 1738 zur Bekehrung von John Wesley, dem Vater der Heiligungsbewegung und Gründer der Methodistenkirche.
Die Heiligungsbewegung des Jahres 1875 in England kam auf das vertiefte Studium von Röm 6-8
So könnte man fortfahren mit Beispielen. Man kann sagen, dass nach der Reforma-tion jede Erweckungsbewegung ihren Ausgangspunkt im Römerbrief hat. Warum das? Der Römerbrief enthält die grundlegende Heilsbotschaft, wie sie vom Apostel Paulus der Heidenwelt überbracht wurde. Er ist das bedeutendste Dokument seiner Theologie und wird auch das „fünfte Evangelium“ bezeichnet.
„Der Römerbrief enthält keimhaft die Antwort auf das höchste Trachten und Sehnen der menschlichen Seele: nach Gott und dem Heil der Welt, nach Heiligung und neuem Leben, und die Lösung vieler psychologischer, sozialer, rassenpolitischer und anderer Probleme.“
Deshalb ist es wichtig, sich persönlich und als Gemeinde intensiv mit dem Römer-brief zu beschäftigen. Luther schreibt in seiner Vorrede zum Römerbrief:
„Dieser Brief ist das rechte Hauptstück des Neuen Testaments und das allerlauterste Evange-lium, welcher wohl würdig und wert ist, dass ihn ein Christenmensch nicht allein Wort für Wort auswendig wisse, sondern täglich damit umgehe als mit einem täglichen Brot für die Seele; denn er kann nimmer zu viel und zu gründlich gelesen oder betrachtet werden. Und je mehr er behandelt wird, desto kostbarer wird er und um so besser schmeckt er.“
Lesen Römer 1,1-3
Paulus, Knecht Jesu Christi, berufener Apostel, ausgesondert zum Evangelium Gottes, (Röm 1:1)
welches vorher verheißen wurde durch seine Propheten in heiligen Schriften, (Röm 1:2)
betreffs seines Sohnes, der hervorgegangen ist aus dem Samen Davids nach dem Fleisch (Röm 1:3)
und erwiesen als Sohn Gottes in Kraft nach dem Geiste der Heiligkeit durch die Auferstehung von den Toten, Jesus Christus, unser Herr; (Röm 1:4)
durch welchen wir Gnade und Apostelamt empfangen haben, um für seinen Namen Glaubensgehorsam zu verlangen unter allen Völkern, (Röm 1:5)
unter welchen auch ihr seid, Berufene Jesu Christi; (Röm 1:6)
allen zu Rom anwesenden Geliebten Gottes, den berufenen Heiligen: Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unsrem Vater, und dem Herrn Jesus Christus! (Röm 1:7)
Paulus ist Verfasser, stellt sich vor als Apostel,
wer schreibt den Brief?
Ich, Tertius, der ich den Brief geschrieben habe, grüße euch im Herrn. (Röm 16:22)
Es grüßt euch Gajus, der mich und die ganze Gemeinde beherbergt. Es grüßt euch Erastus, der Stadtverwalter, und Quartus, der Bruder. (Röm 16:23)
Wo könnte Paulus geschrieben haben? Gajus, der Gemeinde beherbergt, 1.Kor.1,14 Paulus taufte Krispus, Synagogenvorsteher von Korinth, der zum Glauben kam, Phöbe aus Kenchräa der hafenstadt von Korinth wird erwähnt, - wurde in Korinth geschrieben
Gajus wird besonders erwähnt, der, der Paulus und Gemeinde beherbergt
Ich empfehle euch aber unsere Schwester Phöbe, welche Dienerin der Gemeinde zu Kenchreä ist, (Röm 16:1)
damit ihr sie aufnehmet im Herrn, wie es Heiligen geziemt, und ihr beistehet, in welcher Sache sie euer bedarf; denn auch sie ist vielen eine Beschützerin gewesen, auch mir selbst. (Röm 16:2)
Phöbe überbrachte Brief, sie wird als Diakonin empfohlen
Römerbrief wurde 57n.Chr. geschrieben
Paulus wollte eine Kollekte von Korinth nach Jerusalem bringen, hatte Vorahnung der Gefangennahme
Ich ermahne euch aber, ihr Brüder, durch unsern Herrn Jesus Christus und durch die Liebe des Geistes, daß ihr mit mir kämpfet in den Gebeten für mich zu Gott, (Röm 15:30)
daß ich errettet werde von den Ungläubigen in Judäa und daß meine Dienstleistung für Jerusalem den Heiligen angenehm sei, (Röm 15:31)
auf daß ich durch Gottes Willen mit Freuden zu euch komme und mich mit euch erquicke. (Röm 15:32)
Empfänger: Brief ist an Hauptstadtgemeinde, Rom war Hauptstadt mit 1.000.000 Einwohner, größte, bedeutendste Stadt Welt, lebten dort unzählige Sklaven, Zeit Abfassung war Kaiser Nero
Evangelium kam nach Rom durch Festpilger, die sich in Jerusalem bekehrt hatten, Petrus wird als Gründer der Gemeinde angesehen, vermutlich ging er 42n.Christus nach Rom, war dort 25 Jahre bis zu Märtyrertod
Gemeinde traf sich in Privathäusern, sehen das am Ende in Grüßen
Anlass: Römer 1,8
Zuerst danke ich meinem Gott durch Jesus Christus für euch alle, daß euer Glaube in der ganzen Welt verkündigt wird. (Röm 1:8)
Wollte Gemeinde kennenlernen, von deren `Glaube er gehört hatte,
Ich will euch aber nicht verschweigen, meine Brüder, daß ich mir schon oftmals vorgenommen habe, zu euch zu kommen (ich wurde aber verhindert bis jetzt), um auch unter euch etwas Frucht zu schaffen, gleichwie unter den übrigen Nationen; (Röm 1:13)
Paulus wollte oftmal kommen, wurde aber verhindert, wollte dort dienen, Frucht schaffen, Segen, wenn begnadete Männer Gottes Wort verkünden,
indem ich allezeit in meinen Gebeten flehe, ob mir nicht endlich einmal durch den Willen Gottes das Glück zuteil werden möchte, zu euch zu kommen. (Röm 1:10)
Denn mich verlangt darnach, euch zu sehen, um euch etwas geistliche Gabe mitzuteilen, damit ihr gestärkt werdet, (Röm 1:11)
das heißt aber, daß ich mitgetröstet werde unter euch durch den gemeinschaftlichen Glauben, den euren und den meinen. (Röm 1:12)
Verlangen, zu sehen, geistliche Gaben mitzuteilen, Diener Gottes predigt, empfangen wir, wollte aber auch von ihnen getröstet werden, Gemeinschaft ist keine Einbahnstraße, wollte geben und nehmen
Paulus plante, Evangelium nach Spanien zu bringen und wollte Rom als Missionsbasis nehmen
Da ich jetzt aber in diesen Gegenden keinen Raum mehr habe, wohl aber seit vielen Jahren ein Verlangen hege, zu euch zu kommen, (Röm 15:23)
so werde ich auf der Reise nach Spanien zu euch kommen; denn ich hoffe, euch auf der Durchreise zu sehen und von euch dorthin geleitet zu werden, wenn ich mich zuvor ein wenig an euch erquickt habe. (Röm 15:24)
Pläne wurden durchkreuzt durch Gefangenschaft, Paulus kam als Gefangener nach Rom, Gefangenschaft dauerte 2 Jahre, nach Überlieferung reiste er dann nach Spanien
Aufbau: 2 Hauptteile, Kap.1-11 Schwerpunkt Lehre, K.12-16 praktische Konsequenzen,
erst kommt Indikativ, dann der Imperiv, erst Lehre, dann Leben, so auch bei Epheserbrief,
Eine juristische Darstellung des Evangeliums für die ans römische Rechtssystem gewohnten Römer · Systematische Darstellung der grundlegenden Lehre des Heils, eine inspirierte Dogmatik-römer waren stolz auf ihr Rechtssystem
Thema ist Gottes Gerechtigkeit, im 1. Teil Offenbarung Gerechtigkeit, ersten Teil geht es um Offenbarung Gottes Gerechtigkeit, 2.Teil um Leben in Gerechtigkeit, Sehen wieder, beides gehört zusammen, Lehre und Leben, Beides Römerbrief
Schlüsselvers:
Denn ich schäme mich des Evangeliums nicht; denn es ist Gottes Kraft zur Rettung für jeden, der glaubt, zuerst für den Juden, dann auch für den Griechen; (Röm 1:16)
denn es wird darin geoffenbart die Gerechtigkeit Gottes aus Glauben zum Glauben, wie geschrieben steht: »Der Gerechte wird infolge von Glauben leben«. (Röm 1:17)
Schlüssel für Gerechtigkeit Gottes, für Lehre und Leben ist Evangelium, Gotteskraft, Kraft zur Rettung, Kraft durch Glauben zu eigen bewirkt Gehorsam
Verse 1-16 haben wir grob behandelt, um zu sehen, wozu Brief ist
K.1,18-4,25 Frage, Warum und wie wird Mensch gerettet,
a)K.1,8-3,20 warum Errettung nötig ist, K.3,1-4,25 b) wie Errettung geschieht, zuerst muss erkennen, dass man Sünder ist, der ewig verloren ist,
Paulus beweist, alle Welt vor Gott in Schuldig ist,
Der Römerbrief: Prozessakte gegen die Menschheit · „Gott, der Richter aller“ (Heb 11,23), „der Richter der ganzen Erde“ (1Mos 18,25) sitzt auf seinem Richterstuhl · Die ganze Menschheit ist im Gerichtsaal anwesend
Die Anklage wird vorgebracht und meisterhaft formuliert: 1,18-23 1.) Gegen die Menschen ohne schriftliche Gottesoffenbarung (1,18-2,16) § 2,1-16: Ein Ethiker aus dem Heidentum steht im Gerichtsaal mit verschränkten Armen auf: „Ich weiss dank meiner philosophischen Untersuchungen ganz genau, dass die Menschen böse handeln.“ Der Richter erteilt ihm einen scharfen, vernichtenden Verweis.
2). Gegen die Juden, die Gottes schriftliche Offenbarung besitzen (2,17-3,4) § 2,17-29: Ein Jude steht im Gerichtsaal auf: „Ich bin ein orthodoxer Jude und kenne die Bibel durch und durch. Ich bin beschnitten und gehöre zum auserwählten Volk.“ Der Richter antwortet: „Umso schlimmer für dich. Du weisst so viel und bist dennoch ein so ungerechter Mensch!“
- Das vernichtende Urteil über die Menschheit & der Weg zur Rechtfertigung (3,5-31) § 3,5-8: Wieder steht einer im Saal auf: „Indem der Mensch sündigt, wird doch umso deutlicher wie gerecht Gott ist. Der Kontrast lässt Gottes Herrlichkeit erst recht aufleuchten. Deshalb sollte eigentlich kein Mensch gerichtet werden.“ Der Richter wird sehr scharf: „Jemand, der so widerliches Zeugs redet, hat das unbarmherzige Gericht verdient!“ § 3,9-31: Nun wird es ganz still im Saal. Keiner hat mehr etwas vorzubringen. Das vernichtende Urteil wird über die ganze Menschheit verkündigt,... doch im gleichen Atemzug wird der Weg zur Rechtfertigung vorgestellt!
K.1,18-2,16 erklär er,
- dass Heiden vor Gott schuldig sind, haben sich von Gott abgewendet, zählt Gottes Maßstab, nicht Menschen Maßstab
- K.2,17-3,18 beweist, dass Juden vor Gott schuldig sind, Vorrecht Beschneidung, aber nicht äußere Beschneidung fehlt, die nach innwendigen Menschen, führt fast einen inneren Dialog
- Alle Menschen sind schuldig K.3,9-20 das für alle Menschen gilt: Alle stehen unter der Herrschaft der Sünde (3,10). Dieses Fazit bekräftigt er durch verschiedene Zitate aus dem Alten Testament (3,11-18).
Röm 3,12 Alle sind abgewichen, sie sind allesamt untauglich geworden; da ist keiner, der Gutes tut, da ist auch nicht einer.
Paulus schlägt seine Gegner mit ihren eigenen Waffen, denn er argumentiert von den Aussagen des AT, des Gesetzes aus 5 (3,19). Paulus betont, welche Bedeutung und welchen Sinn das Gesetz hat: Das Gesetz führt zur Erkenntnis der Sünde, aber nicht zur Erlösung von der Sünde! (3,20). Die Kraft zur Befreiung liegt nicht im Ge-setz. Etwas überspitzt könnte man die Aussagen des Paulus so formulieren:
DAS GESETZ IST NICHT DAZU DA, DASS ICH DANACH STREBE, ES EINZUHALTEN, SONDERN UM ZU ERKENNEN, DASS ICH ES NICHT HALTEN KANN!
k.3,21-4,25 wie Errettung geschieht am Beispiel Abraham Lösung ist Gerechtigkeit geht nur durch Glauben
Röm 3,23-24 Denn alle haben gesündigt und erlangen nicht die Herrlichkeit Gottes und werden umsonst gerechtfertigt durch seine Gnade, durch die Erlösung, die in Christus Jesus ist.
Röm 3,28 Denn wir urteilen, dass ein Mensch durch Glauben gerechtfertigt wird, ohne Gesetzeswerke.
Ohne Selbstkasteiung, ohne Kirche, Christus allein, führte Reformation
Kapitel 5-8 Es folgt eine zweite Gerichtssitzung, in der das Problem der sündigen Natur des Menschen behandelt wird (5,12-8,39). Auch hier weist der Richter den Ausweg: Rechtfertigung (6,7) und Befreiung von der Macht der Sünde (6,18). Die zweite Sitzung endet mit einem noch gewaltigeren Jubel von Millionen von Angeklagten (8,1-39).
Warum und Wie der Rettung ist geklärt, nun Folgen der Rechtfertigung
Frieden mit Gott, Hoffnung ewige Leben, Rettung vor Zorngericht, Versöhnung mit Gott
Gerade Schwierigkeiten dienen dazu, uns fester an IHN zu klammern
Kapitel 6-8 Dreifachen Freiheit der Erlösten
Kapitel 6 Freiheit von Sünde, Sünde ist Macht, durch Tod alten Menschen entkommen, müssen nicht mehr sündigen
Kapitel 7 Freiheit vom Gesetz durchs Gesetz dem Gesetz gestorben, Gott Frucht zu bringen
Kapitel 8 Freiheit vom Tod, befreit von Verdammung und ewigen Tod
Kapitel 9-11 wie Israel gerettet wird, in Vergangenheit Souveränität Gottes erwählte Volk, Gegenwart Beiseite gesetzt, weil Evangelium nicht glauben, sondern durch eigene Mühen gerecht werden wollen,
Zukunft wieder angenommen wegen Treue Gottes, Fall Israels dient Rettung Nationen
K.12,1-15,13 Wie lebt ein Geretteter?
Nur wer K.1-11 verstanden hat, kann 12-15 anwenden, sonst reine Moral
Der Dienst des Christen in der Gemeinde. Er setzt seine Gaben in der Gemeinde ein zur Verherrlichung Gottes (12,3-8).
Das Verhalten des Christen innerhalb der Gemeinde und der Gesellschaft. Prakti-sche Anweisungen für das alltägliche Leben (12,9-21).
Das Verhalten gegenüber dem Staat (13,1-7).
Das Leben in der Liebe als Zentrum der christlichen Existenz (13,8-10).
Das Leben im Licht als Gebot der Stunde. In der Erwartung der Wiederkunft Christi leben. Den alten Menschen ablegen und den neuen Menschen (Christus) anziehen (13,11-14).
Das Zusammenleben in der Gemeinde: Gegenseitige Rücksichtnahme (14,1-12) – Freiheit nicht auf Kosten anderer (14,13-21) – Handeln aufgrund Überzeugun-gen, die aus dem Glauben stammen (14,22-23) – Die Schwachen in der Ge-meinde tragen (15,1-6) – Gemeinseim Gott verherrlichen (15,7-13)
Schluß Briefes ist Persönliches
Paulus schließt den Brief mit einem Rückblick auf seine bisherige Tätigkeit (15,14-21); seinen Reiseplänen (15,22-33) und einer ausführlichen Grußliste (16,1-22). Dazwischen fügt er eine Warnung vor Irrlehrern ein, deren Verführungskünste eine Bedrohung für die Gemeinde sind (16,17-20).
Ich kam einmal in Amerika in ein Haus eines gläubigen Ehepaars, das mich bat, für sie zu beten. Als ich fragte, was ihr besonderes Anliegen sei, sagten sie: „O, Herr Nee, mit uns steht es schlecht seit einiger Zeit. Unsere Kinder bringen uns oft an das Ende unserer Geduld. Während der letzten Wochen haben wir beide mehrmals am Tage die Beherrschung verloren. Wir machen dem Namen des Herrn wirklich Uneh-re. Wollen Sie ihn bitten, uns mehr Geduld zu geben?“ „Das ist gerade das, was ich nicht tun kann“, sagte ich. „Was meinen Sie damit?“ „Ich meine, dass es hundertprozentig feststeht, dass Gott dieses Gebet nicht erhören wird.“ Voll Verwunderung fragten sie: „Wollen Sie damit sagen, dass wir so weit von ihm abgekommen sind, dass Gott uns nicht erhören wird, wenn wir um Geduld bitten?“ „Nicht direkt“, antwortete ich. „Aber sagen Sie mir, haben Sie je dieses Gebet ausgesprochen? Ja? Hat Sie Gott erhört? Nein? Wissen Sie weshalb? Weil Sie keine Geduld nötig haben.“ Die Frau sah mich scharf an. „Sie wollen sagen, wir haben keine Geduld nötig“, sagte sie, „und doch sind wir den ganzen Tag lang voller Zorn und Unmut?“ „Was Sie brauchen“, antwortete ich, „ist nicht Geduld, sondern Christus.“ Gott gibt uns nicht Demut oder Geduld oder Liebe als einzelne Zeichen seiner Gnade. Er ist kein Verkäu-fer, der uns die Gnade in Portionen aushändigt: Dem Ungeduldigen ein wenig Geduld, dem Lieblosen Liebe, dem Hochmütigen Demut, damit wir mit dieser Zuteilung wieder eine Weile arbeiten können. Er hat uns eine Gabe gegeben, die alle unsere Bedürfnisse deckt, seinen Sohn Jesus Christus. Indem ich vertraue, dass er in mir lebt, wird er an meiner Statt demütig, geduldig, liebend und alles andere sein, was mir nötig ist.
Dieses Erlebnis von Watchman Nee, der in seinen Schriften sehr stark die Bedeu-tung des In-Christus-Sein hervorhebt, macht in eindrücklicher Weise deutlich, um was es Paulus im Römerbrief geht.
Alle Christen stimmen darin überein, dass der Mensch nichts zu seiner Rettung bei-steuern kann als nur im Glauben anzunehmen, was Christus vollbracht hat. Aber wie ist es mit der Heiligung? Müssen wir da nicht sehr viel tun? Finden wir nicht im Neuen Testament viele Aufforderungen (Imperative) – auch im Römerbrief? Manche verstehen Christsein im Sinne einer Partnerschaft: Jesus und ich – wir packen das! Er sagt mir, was ich tun soll und ich strenge mich an, es auszuführen. Um ein guter Christ zu sein und in der Nachfolge zu leben, muss ich auf jeden Fall täglich in der Bibel lesen und beten. Am besten immer zur gleichen Zeit. Je mehr ich im Glauben vorwärts kommen will, desto länger muss ich mir Zeit nehmen dazu: Mehr Zeit = Geistlicher Fortschritt. Dann muss ich jederzeit ein Zeuge Jesu Christi sein, d.h. meinen Glauben vor Nichtchristen bekennen und sagen, was Sache ist. Ein Christ muss außerdem an den Versammlungen der Kirche/Gemeinde teilnehmen und mit-arbeiten. Als Christ muss ich ständig gegen die Sünde kämpfen und alles meiden, was mich zu Fall bringen könnte.
Das sind alles gute Absichten, aber wenn man so Heiligung versteht, muss man acht geben, dass es nicht so geht wie einer Bekannten, die resignierte: Ich muss das Leben als Christ aufgeben, ich packe das nicht, das ist mir zu anstrengend! Paulus will im Römerbrief unseren Blick allein und völlig auf Christus richten. Chris-tus ist nicht nur unsere Rechtfertigung, sondern auch unsere Heiligung (vgl. 1Kor 1,30-31). Wenn er in uns wohnt, dann ist alles da, was ich zum Leben und zum Sterben brauche. Brauche ich Kraft? – Sie ist da! Brauche ich Liebe für schwierige Menschen? – Sie ist da! Brauche ich Standhaftigkeit in Not – Sie ist da! Alles, was ich brauche, ist bereits vorhanden – in bzw. durch Christus!
Das bedeutet, dass wir nicht ständig darum betteln müssen, sondern im Glauben dankbar in Anspruch nehmen dürfen, was Jesus bereithält. Wir sind viel reicher als wir denken und leben wie Bettler. Lassen wir uns doch vom Römerbrief die Augen öffnen und Christus in das Zentrum unseres Denkens und Handelns rücken!
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